Eine Frau in Unterwäsche begutachtet sich kritisch im Spiegel. -body positivity

Body Shaming, Body Positivity oder Body Neutrality – Was wollen unsere Körper uns eigentlich sagen?


 

Man muss heutzutage kein Therapeut oder keine Therapeutin sein, um zu verstehen, dass die meisten von uns mit ihren Körpern nicht zufrieden sind.

Der eine wünscht sich ein paar Kilos weniger auf den Rippen, der andere mag seine Nase nicht oder findet seine Körpergröße unpassend. Kaum ein Mensch würde behaupten, dass er mit seinem Körper rundum zufrieden ist – es gibt ja schließlich immer irgendetwas zu optimieren. Sind die Kilos einmal runter, kann’s ja auch schon direkt weitergehen mit dem Muskelaufbau, macht ja auch einen schöneren Po und mit dickem Bauch lässt es sich am Strand nicht so elegant liegen.

Der Film “Embrace”, der vor einigen Jahren von Regisseurin Tyron Bumfitt erschienen ist, hat zum Thema Body Shaming hohe Wellen geschlagen und sprang innerhalb weniger Tage in Deutschland auf Platz Eins der Kinocharts – er scheint den Nerv der Zeit getroffen zu haben.

Darin wurden mithilfe der WHO Zahlen veröffentlicht, die uns erst einmal schlucken lassen:

  • Jedes zweite 15-jährige Mädchen und jeder dritte Junge fühlen sich zu dick – obwohl kein Übergewicht vorliegt.
  • 38 Prozent der Mädchen und 48 Prozent der Jungen sind mit ihrem Körper unzufrieden. Im internationalen Vergleich liegt Deutschland damit auf dem letzten Platz, wenn es um Körperzufriedenheit geht.
  • Jedes dritte Mädchen ab 13 Jahren kontrolliert regelmäßig ihr Gewicht.

Körperliche Unzufriedenheit scheint zu einem kulturellen Leidensbild geworden zu sein, das immer mehr Menschen betrifft. Wie konnte das passieren und welche Möglichkeiten haben wir als Gesellschaft, um unser Körperbewusstsein zu stärken und unsere Körper wieder als das zu sehen, was sie eigentlich sind? Oder sollten wir zuerst fragen: Wofür haben wir sie überhaupt?

In diesem Blogbeitrag möchten wir dich gern auf eine Reise zum Thema Körperbewusstsein mitnehmen und dir Blickwinkel aufzeigen, wie du deinen Körper wieder als großartiges Wunderwerk zu erkennen lernst, das dir tagein und tagaus zur Erfüllung deiner Ziele und Träume zur Verfügung steht.

Körperbewusstsein als Fundament für gesundes Selbstbewusstsein

Experten und Expertinnen sind sich einig, dass Körperbewusstsein – angefangen in der frühen Kindheit – den Grundstein für ein späteres gesundes Selbstbewusstsein legt.

Wenn wir uns das Wort “Selbstbewusstsein” einmal auf der Zunge zergehen lassen, liegt es eigentlich auch schon auf der Hand. Es besteht aus den Silben “Selbst” und “Bewusstsein”. Wir sollten uns also unser Selbst bewusst werden. Das bezieht sich natürlich sowohl auf die geistige als auch auf die körperliche Ebene – wir schauen uns an dieser Stelle aber erst einmal die körperliche Komponente an.

Um mir meines Körpers bewusst zu werden, habe ich bestenfalls schon von klein auf verstanden, dass ich über meinen Körper in Interaktion mit der Welt treten kann.

Das geschieht in der Regel durch Dinge wie Tasten, Greifen, Krabbeln, Hinfallen, wieder Aufstehen …und vielem mehr. Natürlich kommen auch visuelle und akustische Wahrnehmungen hinzu und das Schmecken. So merken wir, dass wir mithilfe unserer Bewegungen in einen Dialog mit dem Außen kommen.

Sätze wie “Du fällst gleich hin!”, “Lass das sofort los!” oder “Das wird eh nichts!” können sich schon früh auf unser Körper- und damit Selbstbewusstsein auswirken und uns – vereinfacht gesagt – in dieser Hinsicht verwirren.

Eine weitere Hürde fürs Körperbewusstsein ist die Tatsache, dass wir in unserer heutigen Gesellschaft mithilfe von äußeren Reizen von uns selbst abgelenkt werden. Damit sind konkret Medienangebote wie Fernsehsendungen, Zeitschriften, soziale Medien oder Plakatwerbung gemeint. Hier werden wir ständig mit den Körpern anderer Menschen konfrontiert, die “perfekt” sein und uns als Vorbild dienen sollen.

So werden wir immer weiter von unserer eigenen Selbstwahrnehmung weggeführt, unser Fokus auf vermeintlich “perfekte” Körper (wie auch immer diese im Einzelnen aussehen mögen) gelenkt und eine Abwärtsspirale des Vergleichens angekurbelt: “Mein Bauch ist viel größer”, “Ich habe nicht so schöne Haare wie der oder die da” oder “Ich muss so aussehen, um glücklich zu sein”.

Ein Glück gibt es die Body Positivity Bewegung – oder?

Nachdem die Menschen die überzogenen Schönheitsideale der Medienindustrie satt hatten, entsprang ein neuer Trend in den sozialen Medien namens “Body Positivity”. Auch die Werbeindustrie sprang schnell auf den Zug auf. Körperliche “Makel” sollten nun öffentlich bei Instagram und Co. zur Schau gestellt werden: Raus mit den Dehnungsstreifen und her mit den Pickeln.

“Liebe deinen Körper, egal wie er aussieht!” kommt schon fast wie ein zwanghafter Befehl daher. Alles, was vorher als “nicht vorzeigbar” galt, wird nun demonstrativ in den Mittelpunkt gerückt und jeder muss Hinschauen.

Schnell wurde klar, dass Body Positivity eigentlich ein ähnliches Ziel verfolgt, was uns bereits vertraut vorkommt: Eine weitere Obsession des Körpers – nur eben diesmal ins andere Extrem. Man durfte nur mitmischen, wenn man auch Makel zu präsentieren hat. Wir wollen hier nicht den Buhmann spielen, die Idee an sich ist gar nicht mal so schlecht und wir können uns auch vorstellen, was das Body Positivity Movement im eigentlichen Sinne erreichen wollte.

Es bleibt nur die Frage: Ist es wirklich das, was uns zu mehr Körper- und damit Selbstbewusstsein führen wird oder ist es eine weitere Ablenkung vom Eigentlichen? Denn, sich gezwungen zu fühlen, den eigenen Körper unter allen Umständen zu lieben, kann einen ganz ähnlichen Stress auslösen wie der Zwang, wie die Instagram-Sternchen aussehen zu müssen.

Body Neutrality löst Body Positivity ab: Geht’s jetzt ans Eingemachte?

Es dauert nicht lange, da wurde die Body Positivity Bewegung abgelöst vom “Body Neutrality Movement”. Hier geht’s also nicht mehr darum, den eigenen Körper unter allen Umständen zu lieben, sondern eine neutrale Haltung dazu zu entwickeln.

Den Körper so hinzunehmen, wie er ist, klingt auf jeden Fall schon einmal angenehmer als ihn mit allen seinen Makeln inbrünstig zu lieben und in obsessiver Selbstliebe täglich zu zelebrieren.

Der Grundgedanke ist auch hier löblich: Weg von einer Überidentifikation mit dem Körper und hin zum Innenleben – schließlich liegt da der große Schatz verborgen. Wer braucht da schon den Körper?

So einfach kommen wir leider auch hier nicht davon. Natürlich ist es wichtig, sich einmal von allen Schönheitsidealen zu entkoppeln und den Körper neutral zu betrachten. Auch ist es gesund, sich auf seine mentalen Kapazitäten zu konzentrieren und sich nicht ständig mit seinem Aussehen zu beschäftigen. Doch ihn eher stiefmütterlich zu behandeln?

Kein Wunder, dass vermeintlich heilende Mantren wie “Nur das Innere zählt”, “Schönheit kommt von Innen” oder “Es geht nicht darum, wie du aussiehst” viele Menschen triggern und wütend machen. Denn, es geht eben doch auch ums Äußere – es ist nur nicht politisch korrekt, das so zu äußern.

Wenn wir allerdings verstehen, was hier für eine tiefere Wahrheit verborgen ist, können wir unseren Körper abseits von allen Extremen und Oberflächlichkeiten kennen- und lieben lernen.

Was wollen unsere Körper uns eigentlich sagen?

Der Körper ist eine überaus wichtige Komponente fürs Menschsein. Schließlich gibt er unserem Geist die Möglichkeit, bestimmte Erfahrungen machen zu können – wie zum Beispiel jemanden zu streicheln oder einfach nur im Kontakt mit dem Erdboden zu sein.

Darüber hinaus ist der Körper aber auch ein intelligentes Wunderwerk, das im Laufe unseres Lebens eine riesige Informationsdatenbank speichert, an die sich der Geist im bewussten Zustand vielleicht gar nicht mehr erinnern kann. Im psychologischen Kontext wird das auch “Body Memory” genannt.

Man stelle sich das einmal so vor: Wenn wir beispielsweise eine Vollnarkose erleben, wird der Geist ruhig gestellt und wir werden in einen künstlichen Schlaf gebracht. Nach dem Aufwachen erinnert sich dein Körper zwar daran, was da passiert ist und trägt diese Information in sich, dein Geist wird sich allerdings nicht mehr erinnern.

Ähnlich funktioniert das bei traumatischen Erfahrungen, die wir alle in unterschiedlichen Formen und Ausprägungen im Laufe unseres Lebens sammeln. Der Geist ist so intelligent, dass er bestimmte Ereignisse – dazu gehören beispielsweise auch Verkehrsunfälle – einfach einkapseln und “wegschließen” kann. Weil das Erlebte nicht verarbeitet werden kann und wir dennoch überleben wollen, muss es quasi verschwinden – eine eigentlich sehr intelligente Überlebensstrategie.

Häufig kann es vorkommen, dass der Körper nach Jahren beginnt, solche weggeschlossenen Erinnerungen hochkommen zu lassen in Form von Schmerzen oder Ängsten in vermeintlich ganz banalen Situationen, die nicht logisch erklärt werden können.

Bei vielen Menschen ist das der Zeitpunkt, an dem die Heilung beginnen kann. Ganz schönes Wunderwerk dieser Körper, oder?

Der physische Körper als Zugang zu unserer emotionalen Welt

“Durch Körper und Geist können wir Form und Klang der Dinge verstehen. Sie wirken zusammen als eins. Jedoch ist es nicht wie das Reflektieren eines Schattens in einem Spiegel, oder wie der Mond, der sich im Wasser spiegelt. Wenn Du nur auf eine Seite schaust, ist die andere dunkel.”
Dōgen Zenji, Lehrer des japanischen Zen-Buddhismus

Am Ende des Tages ist unser Körper eine Reflexion des Zustandes unseres Geistes. Wenn es unserem Geist gut geht, wird sich das auch immer in einem gesunden Körper widerspiegeln.

Dennoch ist es wichtig, auch am Körper anzusetzen und den Geist so bei wichtigen Prozessen zu unterstützen. Genau das war der Leitgedanke, weshalb wir Humanoo entwickelt haben. Damit du sowohl Körper als auch Geist innerhalb von mehr als 1.500 Coachings die Hand halten kannst – beispielsweise mit Physio-Einheiten, Meditationen oder gesunden Ernährungstipps. Ganz nach unserem Motto: “Schaufel den Weg frei in ein gesundes Leben.” Dass das auch wirklich funktioniert, haben mittlerweile viele Studien nachgewiesen.

Auch im Dokumentarfilm “Heal” (gibt es auf Netflix) zeigt die Regisseurin Kelly Noonan Gores auf wissenschaftliche Weise, dass sich unsere Gedanken, Überzeugungen und Emotionen auch größtenteils auf unsere körperliche Gesundheit auswirken. Viele bekannte Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen teilen diese Meinung.

Körperbewusstsein als Kompass für ein erfülltes Leben

Ob Body Positivity oder Neutrality – am Ende sollten wir unsere Körper nicht ständig obsessiv bewerten, sondern bewusst beobachten, um zu verstehen, welche tiefliegende Wahrheit sich darunter verbirgt und sich bemerkbar machen möchte.

Auch in der buddhistischen Praxis wird gelehrt, Körperempfindungen wie Angst bewusst im Körper wahrzunehmen und unser Verhältnis dazu zu verstehen. Der Körper kann so das Tor zur Seele sein und uns wertvolle (Selbst-)Erkenntnisse liefern.

Wenn wir also unseren Körper als Kompass und Signalgeber betrachten, können wir den Weg in unseren innersten Kern finden und eine ganzheitliche Erfahrung aus Körper, Geist und Seele machen. Am Ende ist das nämlich die Basis für ein bewusstes Dasein als Mensch, Leichtigkeit, Freude und Fülle in unserem Leben.

Wir hoffen, dass dir dieser Artikel gefallen und dich inspiriert hat, deinen Körper bei all seinen wichtigen Prozessen zu unterstützen. Wir freuen uns über Feedback und deine persönlichen Erfahrungen zum Thema Körperbewusstsein.

In unserem nächsten Artikel werden wir dir konkrete Tipps geben, wie du Körperbewusstsein im Alltag praktisch üben kannst.

Bis ganz bald, dein Humanoo-Team