Ein verbrannter Toast -Burnout

Warum die Burnout-Diagnose das Tor zu einem neuen Leben sein kann


 

Eine Kollegin aus unserem Humanoo-Team kam vor kurzem aus dem Urlaub zurück und erzählte uns beim Mittagessen, dass nach nur wenigen Arbeitstagen kaum mehr Erholung zu spüren wäre. Der Grund dafür: Während ihrer Abwesenheit hätte sich Arbeit angestaut und sie wäre in Sorge, dass sie mit den ganzen Aufgaben nicht Schritt halten könnte. Zu allem Übel herrsche ja auch gerade eine unerträgliche Hitze, die einen noch gereizter mache als man ohnehin schon sei.

“Ohje”, dachten wir uns, “das klingt ja gar nicht gut” – und haben spontan das Thema #antiburnout auf unserem Redaktionsplan nach oben befördert und uns auch im Team eingehend damit beschäftigt.

Schließlich kommt im Büro oftmals eins zum anderen und ehe man sich versieht, sitzen alle mit rauchenden Köpfen über ihren Bildschirmen und vergessen alles um sich herum. Gerade für uns als Gesundheitsapp ist dieser Themenmonat also eine Herausforderung, bei der wir genauer hinschauen und euch dazu inspirieren möchten, das Thema Stress bewusst wahrzunehmen und zu hinterfragen.

Was ist das eigentlich – dieses “Burnout”?

Es beginnt bereits damit, dass selbst wir uns im Team gar nicht so klar darüber sind, was dieses “Burnout” denn eigentlich genau bedeutet. Ist es eine “Krankheit”, ein “Leidensbild” oder ein “vorübergehender psychischer Zustand”? Kein Wunder, denn nicht einmal die Wissenschaft ist sich einig, was Burnout überhaupt bedeutet, geschweige denn, welche Kriterien erfüllt werden müssen, damit man offiziell an einem Burnout leidend diagnostiziert wird.

Für euch und schließlich auch für unsere liebe Kollegin haben wir uns deshalb auf die Suche gemacht und versucht herauszufinden:

  • was Stress überhaupt ist
  • welche unterschiedlichen Arten von Stress es gibt
  • wann Stress zum Burnout wird
  • und wie ein Burnout der Schlüssel zu einem bewussten Leben werden kann

Guter Stress vs. schlechter Stress: Eine sensible Gratwanderung

Was viele beim Beleuchten dieses Themas schnell vergessen, ist die Tatsache, dass Stress an sich gar nicht negativ ist. Denn, wenn der Körper Stresshormone wie Adrenalin oder Noradrenalin freisetzt, wird unser System so richtig wachgerüttelt.

Das ist so, als würden auf einmal alle Lichter angehen und wir vollständig anwesend sein. Vor allem vor Vorträgen, Prüfungen oder wichtigen Gesprächen ist das durchaus nützlich, damit wir aufmerksam und fokussiert sind. Man nennt diese “gute” oder “stimulierende” Art von Stress “Eustress”.

Problematisch wird es nur dann, wenn die Stressproduktion zum Dauerprogramm wird. Man geht davon aus, dass unser Körper nach 15 Minuten Anspannung beginnt, das Stresshormon Cortisol zu produzieren – das lässt unsere Nebennieren ganz schön hart arbeiten und ist gar nicht gut für den Körper.

Zusätzlich wird auch noch vermehrt körpereigenes Glutamat freigesetzt, was unsere Nervensynapsen zerstört. Kurz gesagt: Bei Dauerstress schiessen wir gegen unser eigenes System. Diese Art von “negativem” Stress nennt man “Disstress”.

Generell können Stressfaktoren von Mensch zu Mensch variieren: Hitze, Lärm, schlechte Luftverhältnisse, aber auch Streit mit dem Partner, Konkurrenzdenken, Einsamkeit oder körperliche Faktoren wie Unfälle, Schmerz oder auch – ganz plump – Hunger können uns zu schaffen machen. Schließlich weiß jeder von uns, wie die Laune kippen kann, wenn man einmal zu lange ohne Mittag ausharren muss.

Wichtig ist hier zu verstehen, dass jeder Mensch Stress individuell wahrnimmt und das auch so in Ordnung ist – schließlich sind wir alle unterschiedlich geprägt und haben deshalb unterschiedliche Wahrnehmungen. So sind laute Gespräche im Büro für den Einen eine willkommene Abwechslung, andere hingegen fühlen sich dadurch abgelenkt, gestresst und genießen ihre Mittagspause lieber allein im Park, um runterzufahren.

Was genau passiert eigentlich bei Stress in unserem Körper?

Lange Zeit ging man davon aus, dass Körper und Geist vollkommen unabhängig voneinander funktionieren. Mittlerweile weiß man – ein Glück –, dass eine hohe Stressbelastung auch Spuren im Körper hinterlässt. Dauerstress kann sich auf folgende Körperregionen auswirken:

  • Die AugenWer viel Stress hat, kann mit erhöhtem Augeninnendruck rechnen. Der Sehnerv wird dadurch weniger durchblutet und kann auf Dauer geschädigt werden. Deshalb haben Menschen, die viel Stress haben und täglich lange auf Bildschirme schauen, häufig Probleme mit den Augen.
  • Das Gehirn.Hier laufen täglich Millionen von natürlichen Prozessen ab, damit es einwandfrei funktionieren kann. Eine anhaltende Stressbelastung bringt die Organisation von Botenstoffen in unserem Gehirn aus dem Gleichgewicht, verändert so unsere Denkaktivität und fördert negative Denkweisen.
  • Der Darm.Wir kennen das alle: Wenns einmal wieder so richtig stressig wird, zieht sich einem buchstäblich der Darm zusammen und krampft. Wenn dieser Zustand länger anhält, wird die Darmschleimhaut durchlässiger, Krankheitserreger können leichter in unser System gelangen und Entzündungen verursachen.
  • Die Muskulatur.Schau dich einmal im Büro bei deinen Kollegen und Kolleginnen um. Wie viele davon haben eine gesunde Nacken- und Rückenhaltung? Kein Wunder, dass man intuitiv oftmals mit einer Hand zum Nacken greift, wenn man Stress empfindet. Der Hintergrund: Empfinden wir Angst oder Stress, dann spannen sich unsere Muskeln an. Hält das eine Weile an, kann das zu chronischen Verspannungen und so dann auch zu beispielsweise Kopfschmerzen führen.

Krankheitstage aufgrund von Burnout-Diagnose steigen

2018 zählte die AOK durchschnittlich 5,7 Arbeitsunfähigkeitsfälle auf 1.000 Mitglieder mit Burnout-Diagnose. Betrachten wir die letzten 10 Jahre, hat sich die Burnout-Diagnose verdreifacht. Auch die Anzahl an Krankheitstagen hat sich vergrößert: Waren es 2005 noch 13,9 Krankheitstage, stiegen die Zahlen 2018 auf 130,5 AU-Tage pro 1.000 Mitglieder, so die AOK.

Stress muss aber nicht zwingend zum Burnout führen. Das veranschaulichen vor allem zwei Beobachtungen:

  1. Wenn wir eine Gruppe von Menschen beobachten, in denen die Mitglieder den gleichen Stressbedingungen ausgesetzt sind, werden nicht alle dieser Gruppe ein Burnout entwickeln.
  2. Manche Menschen wuppen über sehr lange Zeit hinweg ein gleiches Maß an Stress und plötzlich – eines Tages – entwickeln sie ein Burnout. Wie kann das passieren?
  3. Burnout ist nicht nur Überarbeitung, sondern auch Einsamkeit

    Interessant ist, dass es – wie bereits erwähnt – fürs Burnout keine konkreten Diagnosefaktoren gibt. Meist ist hiermit ein Erschöpfungszustand gemeint, mit dem innere Unruhe, Überforderungs- und Überlastungsgefühle und Schlafstörungen einhergehen. Viele Mediziner kritisieren auch, dass das Burnout nur schwer von einer Depression abgegrenzt werden kann.

    Fakt ist, dass bei jedem Erschöpfungszustand Dinge, die einem vorher leicht von der Hand gingen, als stressig und manchmal sogar auch als unzumutbar empfunden werden können. So kann der Spaziergang mit der Familie, ein Treffen mit Freunden und Freundinnen oder ein kleiner Smalltalk im Büro bereits zum Stressfaktor werden und gewaltig auf die Nerven gehen oder sogar als unaushaltbar empfunden werden.

    Die General Social Survey hat aber noch etwas ganz anderes, spannendes herausgefunden. Nämlich, dass es noch einen weiteren Faktor gibt, der ein Burnout begünstigt und das ist Einsamkeit.

    Die Abwärtsspirale: Je mehr sich eine Person überarbeitet fühlt desto einsamer wird sie. Und je einsamer sich jemand fühlt desto schneller fühlt man sich überfordert, weil man keinen Rückhalt und Support spürt. 50 Prozent der Befragten gaben in dieser Studie an, dass die Überanstrengung seitens der Arbeit rühre.

    Da macht es nur Sinn, dass eine aktuelle Studie von LinkedIN herausgefunden hat, dass durch die Pandemie auch das Burnout-Risiko gestiegen ist. Der steigende Stress, Unsicherheiten und das Ausbleiben von Freizeitaktivitäten bringen immer mehr Arbeitnehmende an ihre Grenzen. Wir brauchen nunmal menschliche Nähe, Ausgleiche, Unterstützung und das Gefühl, nicht einsam zu sein, wenn die Erschöpfungsgefühle einmal Überhand gewinnen.

    Wie ein Burnout der Schlüssel zu deinem wahren Selbst sein kann

    Ein Burnout ist im Grunde eine Anreihung von Überforderungssituationen, in denen man seine eigene Leistungsfähigkeit richtig aufdreht und sich selbst gleichzeitig keine Ressourcen zur Bewältigung schwieriger Aufgaben zur Verfügung stellt.

    Das tückische an dieser ganzen Sache ist nur: Das Burnout kommt nicht an deine Tür, klopft an und fragt, ob es hereinkommen darf. Betroffene erzählen, dass sie das Stresspensum stetig steigerten und selbst oft gar nicht erkannten, dass sie sich systematisch mehr zumuteten ohne einen Ausgleich dafür zu schaffen.

    Und schwupps, ist auf einmal dieser Moment da, an dem man am liebsten alles hinschmeißen, wütend um sich herumschlagen, sich ohnmächtig in die Ecke setzen und den Kopf im Schoß versenken möchte.

    Dieser Moment ist meistens sehr schmerzhaft und bringt Menschen an den Rand der Verzweiflung. Dennoch bringt er eine wundervolle Erkenntnis mit sich, die es sich zu sehen lohnt.

    Nämlich die Fähigkeit, ein nicht authentisches Selbstbild gehen zu lassen, was wir uns (manchmal über Jahre oder Jahrzehnte) aufgebaut haben. “Ja” zu sagen, wenn wir eigentlich “Nein” meinen und unsere Überforderung, unsere Wut und unseren Zorn herunterzuschlucken, um von Kollegen und Kolleginnen, der Führungskraft oder dem Partner oder der Partnerin gemocht zu werden und ein perfektes Bild von sich abzugeben.

    Ein Burnout bringt Betroffene oftmals zu einem Moment, in dem wir nicht mehr länger in der Lage sind, dieses selbst geformte Erscheinungsbild aufrechtzuerhalten und unsere Intuition zu unterdrücken. Die Intuition, die einem eigentlich permanent einflüstert: “Ruh dich doch einmal aus”, “Halt inne”, “Mach mal langsamer” oder “Sag nicht immer zu allem “Ja”.

    In dieser schieren Verzweiflung und Hilflosigkeit – genau dann, wenn alles aussichtslos erscheint — steckt der eigentliche Zauber: Nämlich unsere Erschöpfung anzunehmen und das Alte zerbrechen zu lassen, um ein neues, echtes Selbstbild aufzubauen – ja für viele sogar – ein neues Leben zu beginnen.

    Ein Leben, in dem man seine eigenen Grenzen kennt und bewusst wahrnimmt. Ein Leben, in dem man aus Überzeugung “Nein” sagen kann und stolz darauf ist, für sich selbst einzustehen und seinem Herzen zu vertrauen. Zu wissen, dass man von den Kollegen und Kolleginnen auch dann geschätzt wird, wenn die Abgabefrist sich um zwei Tage verlängert oder man vergessen hat, die Lieblingskekse für die Kinder mitzubringen. Und zu verstehen, dass Menschen uns für das lieben werden, was wir tief im Inneren wirklich sind und nicht versuchen, künstlich darzustellen.

    Was wäre, wenn, dieses förmliche Ausbrennen, das Erlischen der Flamme und das Auf-die-Knie-gezwungen-werden ein Tor zu einer höheren Erkenntnis darüber eröffnet, wer wir eigentlich sind und welche Werte wir wirklich vertreten?

    Was wäre, wenn ein Burnout uns dabei helfen kann, diese falschen Annahmen und Konstrukte über uns selbst, buchstäblich ins Feuer zu werfen und verbrennen zu lassen, um von hier aus etwas viel wertvolleres aufzubauen: Nämlich ein authentisches und ehrliches Selbst, das sich durch die Reise zu den verborgensten Ängsten so gut kennengelernt hat, dass es seine Grenzen und seine Wahrheit voller Selbstbewusstsein aussprechen und damit ein Vorbild für Andere sein kann.

    Und, in welchen Bereichen würdest du gern herunterfahren?

    Wir hoffen, dass wir dich mit diesem Artikel dazu inspirieren konnten, das Phänomen des Burnouts besser verstehen und deine Grenzen kennenlernen zu wollen.

    Mit unserer Humanoo-App versuchen wir stetig, dich mit unterschiedlichen Coachings aus den Bereichen Bewegung, Achtsamkeit und Ernährung näher zu dir selbst zu bringen und dir Momente zu verschaffen, in denen du einmal mal auf den “Pause-Knopf” drücken und dich liebevoll dir selbst zuwenden kannst.

    Denn nur so kannst du erkennen, wenn es um dich herum wieder einmal wieder viel zu viel wird und dein System wieder etwas herunterfahren muss, um auch langfristig glücklich und leistungsfähig zu bleiben.

    Übrigens, unserer lieben Kollegin hat der Auftakt des #antiburnout Themenmonats auch ganz schön viele Freude bereitet und Inspirationen geliefert, die anfallenden Aufgaben auch einmal liegen zu lassen und dafür ein paar Momente länger in den Urlaubserinnerungen zu schwelgen.

    Das Schönste: Auch die Kollegen und Kolleginnen werden Nachsicht haben und dadurch angehalten, die Grenzen der anderen besser zu verstehen und zu respektieren. So kann sich nachhaltig das ganze Klima im Büro verändern und zu mehr Freude am Arbeitsplatz führen – vielleicht ja auch schon bald bei dir im Büro?

    Falls auch du Erfahrungsberichte zum Thema Burnout mit uns teilen möchtest, schick uns einfach eine E-Mail oder PN in unserer sozialen Netzwerken, wir freuen uns auf deine Geschichten aus dem echten Leben und über Real-Talk.

    Wir wünschen dir viele bewusste Momente – vor allem im Arbeitsalltag,
    das Humanoo-Team